Dienstag, 17. November 2015

Frankreich ruft den EU-Beistandsfall aus: Muss Österreich jetzt in den Krieg?

die kurze Antwort: Nein. Wegen der sogenannten "Irischen Klausel" in Artikel 42(7) Vertrag über die Europäische Union (nachfolgend fett):

(7) Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt.
Ohne diese Bestimmung wäre Österreichs Neutralität spätestens mit dem Vertrag von Lissabon in jedem Fall nicht mehr gegeben. Auch so lässt sich fragen, inwiefern die EU-Mitgliedschaft sich mit der Neutralität vereinbaren lässt: Schließlich ist die EU, wie man gerade jetzt sieht, ein Verteidigungsbündnis und die Mitgliedschaft in einem solchen ist laut Neutralitätsgesetz eigentlich nicht möglich. Dagegen wird argumentiert, dass die EU aufgrund der irischen Klausel kein klassisches Verteidigungsbündnis sei (jedenfalls nciht im Sinne des Neutralitätsgesetzes; siehe dazu auch diesen ausführlicheren Beitrag von Franz Leidenmühler), weil Österreich gewissermaßen ein Trittbrettfahrer ist – es kann, muss aber nicht bei der Verteidigung anderer Staaten helfen, gleichzeitig kann es die Unterstützung anderer Staaten einfordern. Dagegen lässt sich freilich einwenden, dass der Status als Verteidigungsbündnis unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen ist und das Neutralitätsgesetz genuine Blockfreiheit gemeint hat; womit die EU auch als einseitig-bevorteilendes Verteidigungsbündnis eigentlich gegen gegen das Neutralitätsgesetz verstößt. Insofern wird die (Rechts-)Praxis beim derzeitigen Anlassfall von höchstem Interesse sein.

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